Nach fünf turbulenten Jahren findet 2024 in Salzburg turnusmäßig wieder die Große Gießereitechnische Tagung (GGT) statt. Der Bundesverband der Deutschen Gießerei-Industrie (BDG) organisiert die Tagung zusammen mit dem Österreichischen Gießerei-Institut (ÖGI) und dem Giesserei-Verband der Schweiz (GVS). Projektmanager Martin Seidenberg gewährt einen Blick in den Maschinenraum des Organisationsteams im BDG.
Herr Seidenberg, Sie sind im BDG verantwortlich für die Organisation der GGT. Wie ist denn die Stimmung im Team?
Vielen Dank für die Einladung zum Gespräch! Das Team ist hoch motiviert. Nach den anspruchsvollen Zeiten seit der letzten Großen Gießereitechnischen Tagung im Jahr 2018 sind Austausch und Vernetzung und die Begegnung von Angesicht zu Angesicht besonders wichtig geworden. Wir arbeiten deshalb mit großer Begeisterung daran, der Branche eine Plattform dafür zu bieten.
Der BDG engagiert sich stark bei der inhaltlichen und organisatorischen Planung und Ausgestaltung der Tagung. Warum?
Der BDG sieht sich in der Verantwortung, die Branche als Ganzes zu stärken und voranzubringen. Die Große Gießereitechnische Tagung nimmt dabei eine wichtige Stellung ein, da sie nicht nur Wissen vermitteln, sondern auch ein Forum für den konstruktiven Dialog und die Zusammenarbeit bieten will. Nicht zuletzt setzen auch die Unternehmen, die sich an der Fachausstellung beteiligen, und insbesondere die Sponsoren der Veranstaltung darauf, dass wir ihnen eine würdige Bühne bieten. Unsere intensive Arbeit im Vorfeld spiegelt das wider. Wir sind deshalb sehr zuversichtlich, dass die GGT im April ein wichtiger Treffpunkt für die gesamte Branche wird.
Apropos Branche: Wie nehmen Sie die Stimmung wahr?
Die Stimmung in der Gießerei-Industrie spiegelt die Notwendigkeit wider, sich an veränderte wirtschaftliche und technologische Gegebenheiten anzupassen. Das wird nicht einfach. Ich bin in der Gießereibranche Quereinsteiger und komme eigentlich aus der Textilindustrie, die bereits ähnliche Herausforderungen durchlebt und bewältigt hat. Ich erkenne da Parallelen. Meine Erfahrungen zeigen, dass aus den Herausforderungen auch neue Chancen entstehen. Die Bereitschaft zur Innovation und zur gemeinsamen Bewältigung von Schwierigkeiten ist ein vielversprechendes Zeichen.
Das heißt aber auch, dass es nicht mehr nur um die reine Gießereitechnik gehen kann.
Richtig, der Blick über den Tellerrand ist wichtiger denn je. Wir haben deshalb der GGT auch einen Untertitel gegeben, der das deutlich machen soll.
„Zukunft Guss – Transformation, Nachwuchs, Technik“
Ja, er bringt die aktuellen Megathemen auf den Punkt. Der gemeinsame Programmausschuss von BDG, ÖGI und GVS hat bereits bei der Veröffentlichung des Call for Papers klar gemacht, dass die Vorträge auf der GGT im Zeichen dieser Megathemen stehen müssen. Schon der Blick auf das vorläufige Vortragsprogramm zeigte, dass das gelungen ist.
Der energieintensive industrielle Mittelstand stellt sich im Zuge der Transformation neu auf, gerade auch im Hinblick auf die genannten Herausforderungen, der sich im Übrigen auch die Gesellschaft gegenübersieht. Wie würden Sie diese denn für die Gießerei-Industrie auf den Punkt bringen?
Die immensen technischen und wirtschaftlichen Herausforderungen für die Gießerei-Industrie liegen in erster Linie in der Notwendigkeit, energieeffizientere Prozesse zu entwickeln und nachhaltige Technologien zu integrieren. Darüber hinaus muss die Branche auf dem veränderten Arbeitsmarkt aktiv für Nachwuchs werben.
Und wie geht die GGT ganz konkret darauf ein?
Der Name Große Gießereitechnische Tagung kommt nicht von ungefähr. Inhaltlich geht es natürlich weiterhin um technische Innovationen. Wir adressieren aber auch gerade diese aktuellen Themenkomplexe, indem wir nicht nur den Gießereiprozess selbst, sondern auch Megathemen wie Energieeffizienz, Umweltverträglichkeit und Digitalisierung in den Fokus rücken. Außerdem bieten wir in Salzburg herausragenden Studierenden eine Bühne, um ihre Abschlussarbeiten in Vorträgen vorzustellen, und viele weitere werden vor Ort sein, um mit der Branche in Kontakt zu treten.
Eine Aufgabe der Tagung ist es also auch, die Branche voranzutreiben?
Ja, selbstverständlich. Das Vortragsprogramm ist bewusst darauf ausgerichtet, Experten einzubeziehen, die konkrete Lösungen für die diversen aktuellen Herausforderungen bieten können. Wir möchten der Branche zeigen, dass sie sich bei Digitalisierung, Kreislaufwirtschaft und Energiepreisen nicht hilflos durch die Manege ziehen lassen muss, sondern dass Sie die Ideen und Mittel hat, um selbst Gestalter der Transformation zu werden. So wird die Tagung zu einem wichtigen Forum für den Austausch von Best Practices und innovativen Ansätzen, die aus der Branche selbst kommen.
Das Vortragsprogramm steht jetzt so gut wie fest. Können Sie einige Beispiele nennen, wie die Megathemen aufgegriffen werden?
Verschiedene Firmen werden ihre Erfahrungen aus ihren eigenen Transformationsprozessen schildern. Stichwort Best-Practice-Beispiele. Adhoc fallen mir z.B. Siempelkamp oder auch Hydro und AMAG ein. Außerdem wird es einen Vortrag zum Forschungsprojekt ReGAIN und dem wegweisenden Einsatz von KI in Automotive-Prozessketten geben. Ein Projekt, das erst kürzlich sein Kick-off in den Räumen des BDG hatte. Nicht zuletzt freue ich mich persönlich auf den Vortrag meiner Kollegin Elke Radtke. Sie referiert zur CO2-Footprint-Berechnung von Gussbauteilen mithilfe von FRED. Mit dem CO2-Kalkulationsprogramm können Gießereien auch ihre mittel- und langfristige Transformationsstrategie selbst in die Hand nehmen. Da der BDG zusammen mit anderen Verbänden der Zuliefererindustrie an seiner Entwicklung beteiligt war und es speziell auf Gießerei-Prozesse zugeschnitten hat, interessieren mich Weiterentwicklungen hier natürlich besonders. Die Vorträge im Einzelnen sind im Übrigen schon jetzt dem Programm zu entnehmen, das ja auch in der aktuellen GIESSEREI veröffentlicht ist.
Haben Sie jetzt schon einen Eindruck, wie Programm und Konzept der Tagung aufgenommen wird?
Die Vorfreude auf informative Vorträge und spannende Diskussionen ist deutlich spürbar. Wir wollen aber eine Veranstaltung schaffen, die über fachliche Diskussionen hinaus unseren Mitgliedern und Gästen auch die Möglichkeit bietet, abseits des Programms miteinander ins Gespräch zu kommen.
Sie organisieren die Große Gießereitechnische Tagung das erste Mal. Was macht sie für Sie gegenüber anderen Tagungen aus, was ist der Kern der Veranstaltung?
Tatsächlich sehe ich gerade in der eben schon angeklungenen Kombination aus erstklassiger fachlicher Expertise, interaktivem Austausch und sozialem Ereignis den unverwechselbaren Kern der GGT. Die Tagung präsentiert fortschrittliche Entwicklungen in der Gießereitechnik auf höchstem Niveau, indem sie Experten aus den Bereichen Nichteisen und Eisen zusammenbringt. Ich sehe in der GGT aber auch ein riesiges Familientreff en. Wir freuen uns über zahlreiche Mitglieder und Altmitglieder des Vereins Deutscher Gießereifachleute (VDG), die der Branche auch über ihren Ruhestand hinaus die Treue halten und anlässlich der VDG-Mitgliederversammlung in Salzburg Freunde und ehemalige Kollegen treffen werden. Ein besonderes Merkmal ist sicherlich der Gießerabend, der einmal mehr die Gelegenheit bietet, auch informelle Gespräche zu führen und das Gemeinschaftsgefühl innerhalb der Gießereibranche stärkt.
Am Schluss noch eine persönliche Frage. Sie sind seit letztem Jahr im BDG tätig. Freuen Sie sich auf die Tagung?
Ich hatte eine ungemein spannende Anfangszeit im BDG. Eine erfolgreiche GGT würde dem die Krone aufsetzen. – Ja, ich freue mich sehr darauf.
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