Am 1. Dezember 2021 ist die neue TA Luft in Kraft getreten und es gelten nun neue Grenzwerte für viele Betriebe. Der Bundesverband der Deutschen Gießerei-Industrie (BDG) hat die jetzt abgeschlossene Weiterentwicklung dieser Verwaltungsvorschrift, die zwischen Gesetzgeber und Wirtschaft seit 2014 verhandelt wurde, nicht nur von Anfang an sehr intensiv begleitet. Die Verbandsexperten haben sich in den Prozess überaus aktiv und über die gesamten sieben Jahre beharrlich eingebracht.
Die Neufassung der Ersten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft – TA Luft) legt die Bedingungen fest, nach denen Industrieanlagen in Deutschland zu betreiben sind und ist somit verbindliche Grundlage für jede Genehmigung. Auch wenn momentan Themen wie Lieferengpässe, hohe Energiepreise und Klimaschutz die Agenda bestimmen, ist die TA Luft damit von sehr großer Bedeutung für produzierende Unternehmen in Deutschland – die neuen Grenzwerte sind damit sogar schneller Realität geworden als die neue Bundesregierung.
Der BDG hat sich bei der Neufassung der TA Luft äußerst aktiv engagiert: So wurden im Rahmen einer Taskforce die Entwürfe gemeinsam mit den Mitgliedsunternehmen bewertet, Informationen und Daten erhoben und Stellungnahmen verfasst. Erfolgreiche Verbandsarbeit lebt hier von der intensiven Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedsunternehmen und den Experten des BDG, die die Themen moderieren und adressieren. Im Ergebnis hat der BDG seine Forderungen weitestgehend durchsetzen können und in der neuen TA Luft jetzt Regelungen etabliert, die in den Betrieben realisierbar sein dürften. Allen Beteiligten ein großes Dankeschön für die engagierte Mitarbeit.
Wichtig: Gießer müssen nicht unmittelbar aktiv werden! Die TA Luft richtet sich nicht an sie als Anlagenbetreiber, sondern an die Behörden. Diese müssen nun alle bestehenden Genehmigungen mit den neuen Anforderungen der TA Luft abgleichen. Sollten Änderungen in der Genehmigung erforderlich sein, kommt die zuständige Behörde auf die Unternehmen zu. Die Empfehlung des BDG: Unternehmen sollten ihre Genehmigung zeitnah checken, um im Rahmen der Budgetplanung für potenzielle Änderungen gewappnet zu sein. Im Folgenden einige Schwerpunkte in der TA Luft, die für Gießereien besonders relevant sind.
Grundsätzlich gilt eine allgemeine Sanierungspflicht für Anlagen, die bislang dem Stand der Technik entsprachen, von 5 Jahren bis zum 01.12.2026. Laufende Genehmigungsverfahren mit vollständigem Antrag vor Inkrafttreten der neuen TA Luft werden nach alter TA Luft weitergeführt.
Das ändert sich für Gießereien
Der Konzentrationsgrenzwert für Gesamtstaub wurde mit 20 mg/m³ beibehalten; allerdings für große Quellen auf 10 mg/m³ halbiert. Dieser geringere Grenzwert ist mit älteren Nassabscheidern jedoch kaum einzuhalten. Der BDG konnte erreichen, dass den betreffenden Altanlagen eine Übergangsfrist von 8 Jahren eingeräumt wird.
Ein hart umkämpftes Thema während der Novellierung der TA Luft war der Parameter Organische Stoffe (Gesamtkohlenstoff). Bislang waren Gießereien von den Grenzwertvorgaben (50 mg/m³) völlig befreit; nach Auffassung des Gesetzgebers bestand dafür aber nun kein Anlass mehr. In intensiven Gesprächen und mithilfe entsprechender Messdaten ist es dem BDG jedoch gelungen, für Gießereien eine sehr moderate Regelung durchzusetzen: Für Gesamt-C ist nunmehr ein Wert von 50 mg/m³ anzustreben und dürfen 150 mg/m³ nicht überschritten werden. Auch hier gilt eine 8-jährige Übergangsfrist: Altanlagen müssen diese Anforderungen erst ab dem 01.12.2029 einhalten – sofern nicht vorher eine Änderungsgenehmigung angestoßen wird. Eine weitere Erleichterung: die betreffenden Quellen müssen nicht kontinuierlich überwacht werden.
Quarzfeinstaub (QFS) wurde zwar in die TA Luft aufgenommen – jedoch nicht in die Liste der karzinogenen Stoffe, sondern mit einem Grenzwert von 0,5 mg/m³ in einem separaten Absatz. Dadurch kann die Einhaltung des Grenzwerts nicht durch Dritte eingeklagt werden. Eine wichtige Entlastung stellt es dar, dass bei Einhaltung des Grenzwerts für Gesamtstaub der Emissionswert für Quarzfeinstaub ebenfalls als eingehalten gilt. In diesem Fall müssen keine Messungen vorgenommen werden.
Die Einbindung der Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) in die TA Luft war nicht zu verhindern – diese Position war für den Gesetzgeber gewissermaßen nicht verhandelbar. Bislang galt die GIRL auf Ebene der Bundesländer und behandelte Geruchsimmissionen im Rahmen von Einzelfallbetrachtungen. Mit deren „Verrechtlichung“ werden Gerüche in den meisten Genehmigungsverfahren nun Bestandteil der zu prüfenden und ggfs. zu beauflagenden Kriterien.
Bei Eisen- und Stahlgießereien sollten den Entwürfen der neuen TA Luft zufolge Abgase zwingend an jeder Entstehungsstelle erfasst werden, z. B. beim Schmelzen, Formen, Gießen, Kühlen, Ausleeren und Gussputzen. Dies konnte der BDG u. a. durch umfangreiche Beschreibungen der Gießereiprozesse und der dafür erforderlichen baulichen und technischen Voraussetzungen zu einem „so weit wie möglich zu erfassen“ abmildern. Das bewahrt viele Betriebe vor erheblichen Investitionen, die eine „Muss-Vorschrift“ ansonsten ausgelöst hätte.
Auch Gießereien für Nichteisenmetalle finden in der neuen TA Luft explizit Berücksichtigung. Allerdings in weit geringerem Maße, als es in den Entwurfsfassungen vorgesehen war. Demzufolge sollten Anforderungen für NE-Metall-Gießereien festgelegt werden, die aus dem europäischen BVT-Dokument für die Herstellung von NE-Metallen stammen. Dieses trifft jedoch explizit nicht für Gießereien zu und hätte u. a. zu extrem niedrigen Staub- und NOx-Grenzwerten geführt. Auch hier ist es dem BDG gelungen, entsprechende Missverständnisse auszuräumen. NE-Metall-Gießereien unterliegen nun wieder dem allgemein gültigen Grenzwert für Gesamtstaub.
Um den Unterschied zwischen Schmelzanlagen in Gießereien und in den Hüttenwerken der NE-Metall-Produzenten in Zukunft auch genehmigungstechnisch klarzustellen, arbeitet der BDG mit Unterstützung des Umweltbundesamtes weiter an einer Anpassung der Kategorisierung der Anlagen in der 4. BImSchV. Schmelzanlagen für NE-Metall-Gießereien sollen dann nicht mehr unter Ziffer 3.4, sondern einheitlich und sachlich richtig unter Ziffer 3.8 des Anhangs I der 4. BImSchV geregelt werden. Für die Vollzugspraxis würde das eine erhebliche Erleichterung bedeuten.
Elke Radtke, Referentin Umwelt- und Arbeitsschutz, BDG
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