Im Wintersemester 2023/24 war mit rund 750.000 Personen rund jede*r vierte Studierende in Deutschland in einem Studiengang aus der Fächergruppe der Ingenieurwissenschaften eingeschrieben. Diese umfasst zwölf Studienbereiche, neben den beiden großen Fächern Maschinenbau und Elektrotechnik u.a. auch Architektur und Informatik.
Seit dem Wintersemester 2020/21 gehen die Studierendenzahlen für diese Fächergruppe kontinuierlich zurück, von 783.000 auf aktuell 749.000. Die Zahl der Erstsemester ist im 10-Jahres-Vergleich um 13 Prozent gesunken. Die Ingenieurwissenschaften gelten als Herzstück der deutschen Volkswirtschaft. Auch deshalb gab es in den vergangenen Jahrzehnten zahlreiche Initiativen von Politik und Fachverbänden, mehr junge Menschen für ein entsprechendes Studium zu begeistern.
„Die Bemühungen waren leider nicht in ausreichendem Maße erfolgreich“, bilanziert Marc Hüsch. „Trotz zahlreicher Kampagnen ist in den vergangenen Jahren in vielen Ingenieurstudiengängen eher ein Rückgang der Erstsemester- und Studierendenzahlen zu beobachten“, so der Experte für Statistik und Datenvisualisierung beim CHE. „Die Informatik stellt hier eine Ausnahme dar, aber auch hier reichen die Studierenden und auch die Abschlusszahlen nicht aus, um den Fachkräftebedarf zu decken,“ so Hüsch weiter.
Größter Verlierer in der Fächergruppe Ingenieurwissenschaften ist der Studienbereich Maschinenbau/Verfahrenstechnik. Mit einem Minus von fast 16.000 Studienanfänger*innen im 10-Jahres-Vergleich gibt es hier einen Rückgang der Zahlen um rund 45 Prozent. Erschwerend hinzu kommen Studienabbruchquoten von rund einem Drittel im Bachelor-Bereich. Auf regionaler Ebene sind vom Rückgang dabei besonders Mecklenburg-Vorpommern und Rheinland-Pfalz betroffen. Hier gab es im Vergleich zwischen dem Wintersemester 2013/14 und 2023/24 rund 70 Prozent weniger Erstsemester im Bereich Maschinenbau/Verfahrenstechnik zu verzeichnen.
Die Auswertung des CHE zeigt zudem: 11 von 12 Studienbereichen in den Ingenieurwissenschaften haben im 10-Jahres-Vergleich Studienanfänger*innen verloren. Einzige Ausnahme ist der Bereich Informatik, der seine Erstsemesterzahlen um 9.300 auf 38.200 im Wintersemester 2023/24 steigern konnte.
„Für den gesamten Bereich der Ingenieurwissenschaften beobachten wir bei den Studierendenzahlen eine Verschiebung. Der Trend geht weg von den klassischen Ingenieurstudiengängen wie Maschinenbau und Elektrotechnik hin zur Informatik – gewissermaßen von der Hardware zur Software“, so Studienautor Marc Hüsch.
Die Gesamtschau des CHE Überblicks zeigt: Deutsche Hochschulen generieren nicht genug Absolvent*innen, um sowohl die aktuelle Lücke als auch den kommenden Fachkräftebedarf in den Ingenieurwissenschaften zu decken.
Die Entwicklung wäre allerdings laut den Autoren noch herausfordernder ohne den gleichzeitigen deutlichen Anstieg bei den ausländischen Studierenden, der ebenfalls vor allem im Bereich Informatik festzustellen ist. Die Fächergruppe der Ingenieurwissenschaften hat mit 25,6 Prozent den höchsten Anteil an ausländischen Studierenden aller Fächergruppen. Im Studienbereich Bergbau/Hüttenwesen kommt mittlerweile mehr als jede*r zweite Studierende aus dem Ausland.
Bemerkenswert ist zudem der vergleichsweise hohe Frauenanteil bei ausländischen Studierenden in den Ingenieurwissenschaften. Knapp ein Viertel der ausländischen aber nur ein Neuntel der deutschen weiblichen Erstsemester begann im Wintersemester 2023/24 ein Studium aus der Fächergruppe Ingenieurwissenschaften.
„Ausländische Studierende können beim Fachkräfteproblem im Ingenieurbereich ein wichtiger Teil der Lösung sein, dafür muss das Thema jedoch gezielt und strategisch angegangen werden. Insgesamt sollte man weiter daran arbeiten, ein Studium im Ingenieurbereich sowohl für deutsche als auch für ausländische Studieninteressierte möglichst attraktiv zu machen“, so Studienleiter Marc Hüsch.
Hierzu könnten u.a. gezielte Studienkonzepte mit Blick auf unterschiedliche Zielgruppen, wie Berufstätige oder Studierende ohne Abitur beitragen. Gerade angesichts der aktuell schon großen Zahl an ausländischen Studierenden sei der Aus- und Aufbau von englischsprachigen Studienangeboten sowie eine Weiterbildung der Lehrenden mit Blick auf interkulturelle und sprachliche Kompetenzen wichtig.
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