

Die Digitalisierung verändert die Produktionsplanung in Gießereien grundlegend. Besonders die Plattenbelegung stellt eine Herausforderung dar, bei der herkömmliche Methoden oft an ihre Grenzen stoßen. Flexible, datengetriebene Lösungen sind gefragt, um Effizienz, Materialnutzung und Durchlaufzeiten zu optimieren.
Von Niklas Eickworth & Christian Erazo Recalde
Die Digitalisierung hat sich zu einem zentralen Treiber für Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit in der Gießerei-Industrie entwickelt. Insbesondere in Bereichen wie der Produktionsplanung, wo präzises Vorgehen und optimale Ressourcennutzung entscheidend sind, bietet die Digitalisierung enorme Potenziale.
Doch der Weg zu einer erfolgreichen digitalen Transformation ist kein Selbstläufer. Es reicht nicht aus, einfach neue Technologien einzuführen. Stattdessen gilt es, die vorhandenen Abläufe regelmäßig auf den Prüfstand zu stellen und kritisch zu analysieren, ob sie den Anforderungen einer modernen Produktion noch gerecht werden. Die Plattenbelegung ist ein gutes Beispiel dafür, wo traditionelle Planungsmethoden an ihre Grenzen stoßen können. In Zusammenarbeit mit der Bartz-Werke GmbH wurde ein schrittweiser Digitalisierungsansatz entwickelt, der bestehende Prozesse integriert und kontinuierlich verbessert. Durch intelligente Planung, Automatisierung und Echtzeitdaten konnten die Gießerei- und Softwarespezialisten von Casculate dabei helfen, die Plattenbelegungssysteme gezielt zu optimieren. Dieser Beitrag zeigt, wie diese in der Praxis funktionieren und welche Vorteile sie bieten.
Digitalisierung im konkreten Kontext
Es geht nicht darum, manuelle Plattenbelegungspläne einfach in digitale Formate zu übertragen. Vielmehr handelt es sich um einen ganzheitlichen Ansatz, der die intelligente Nutzung von Daten, Algorithmen und modernen Planungstools in den Vordergrund stellt. Digitalisierung bedeutet, Prozesse neu zu denken, von der automatisierten Optimierung der Belegungspläne bis hin zur Echtzeitüberwachung und -anpassung während der Produktion. Dennoch ist die Digitalisierung kein Allheilmittel. Es gilt, die Balance zwischen bewährten Methoden und innovativen Technologien zu finden. Dies erfordert eine kontinuierliche Bereitschaft zur Reflexion und Anpassung.
Bei der Frage, wie die Digitalisierung konkret die Plattenbelegung in der Produktionsplanung revolutionieren kann, stand der Aspekt im Mittelpunkt, wie wir durch eine regelmäßige Analyse und Optimierung der bestehenden Prozesse sicherstellen können, dass die Digitalisierung nicht nur ein Schlagwort bleibt, sondern zu einem echten Mehrwert führt, sei es durch reduzierte Materialverschwendung, kürzere Durchlaufzeiten oder eine gesteigerte Gesamteffizienz. Nur wer die Anforderungen der Produktion, die Eigenschaften der Materialien und die Kapazitäten der Maschinen genau kennt, kann digitale Tools sinnvoll einsetzen.

Schrittweise zur intelligenten Automatisierung
Bei der Umsetzung dieser Thematik haben wir bewusst einen schrittweisen Ansatz gewählt, um die Komplexität der Digitalisierung zu beherrschen und die Mitarbeiter mitzunehmen.
Der erste Schritt bestand darin, den Status Quo in eine neue Architektur zu überführen. Dabei wurde sichergestellt, dass die bestehenden Regeln und Prozesse, die sich in den Köpfen der Mitarbeiter verankert haben, zunächst unverändert blieben. Dies ermöglichte es, sich an die neue Umgebung zu gewöhnen, ohne die tägliche Arbeit zu beeinträchtigen.
Im zweiten Schritt wird die Schnittstelle zum ERP-System automatisiert. Hierbei werden relevante Daten der Aufträge gezogen, die für die Plattenbelegung benötigt werden, und nach erfolgreicher Planung wieder zurückgeschrieben. Dieser Schritt schafft die Grundlage für eine effizientere und fehlerfreie Datenverarbeitung und es reduziert eine mögliche Redundanz von nicht synchronisierten Daten.
Der dritte Schritt umfasst die Nutzung der bereits im ERP-System vorhandenen Daten, um Modelle zu trainieren, die Vorschläge für die Plattenbelegung generieren. Diese Modelle basieren auf historischen Daten und lernen kontinuierlich dazu, um die Planung immer weiter zu optimieren. Nach wie vor ist der Mitarbeiter der Pilot im Cockpit der Produktionsplanung.
Erst im vierten Schritt wird dieser Prozess automatisiert, um die Mitarbeiter gezielt zu entlasten und die Effizienz weiter zu steigern.
Die weiteren Schritte sehen vor, Echtzeitdaten aus der Produktion zu tracken und bei Bedarf eine automatisierte Umplanung vorzunehmen. Beispielsweise können unvorhergesehene Ereignisse, wie die verspätete Lieferung, von zum Beispiel Speisern, erkannt und die Produktion entsprechend angepasst werden.
Visualisierung und Interaktion
Ein zentraler Bestandteil unserer Lösung ist die intuitive Visualisierung der Daten. Bisher wurden Informationen in Form von Zahlen- und Buchstabenkombinationen dargestellt, die oft Zeit und Konzentration erfordern, um sie zu verstehen, was wiederum dazu führt, dass man keinen schnellen Überblick über die Daten hat. Um dies zu vereinfachen, setzen wir auf Graphen und Farbcodes, die dem Planer, der Produktion und dem Management blitzschnell ein Verständnis der Daten vermitteln. Unterschiedliche Plattengrößen werden durch verschiedene Farben dargestellt, wodurch auf einen Blick erkennbar ist, welche Platten zur Verfügung stehen. Die Reihenfolge der Aufträge kann flexibel nach verschiedenen Kriterien sortiert werden, sei es nach Lieferdatum, Plattengröße oder priorisierten Kunden. Dabei wird sofort sichtbar, wenn ein Auftrag geplant werden muss, um pünktliche Lieferungen sicherzustellen. Diese Informationen können in Bruchteilen einer Sekunde erfasst werden, was die Planung erheblich beschleunigt. Darüber hinaus ist es auch wichtig, eine Übersicht der vorhandenen Platten und deren Kombinationspotenzial aufzuzeigen (Bild 1). So hat man einen genauen Überblick, ob das vorhandene Potenzial zum Auftrag passt und die Produktion gewährleistet ist.

Smarte Drag-and-Drop-Planung
Da eine schnelle und flexible Planung von entscheidender Bedeutung ist, setzen wir auf eine moderne Software-Architektur, die intuitive Bedienbarkeit mit intelligenten Funktionen kombiniert. Die Platten werden per Drag-and-Drop in die Kästen gezogen und können nur dort platziert werden, wo es die Regeln erlauben. Dabei werden Platten, die aufgrund von Größe, Position, Material oder Batchgröße nicht mehr platziert werden können, automatisch ausgeblendet. Dies reduziert Fehler durch eine klare Übersicht der zu planenden Aufträge und sorgt für eine effizientere Nutzung der Ressourcen.
Skalierbarkeit und Anpassungsfähigkeit
Ein besonderes Merkmal unserer Lösung ist die offene und flexible Architektur, die nicht nur auf die spezifischen Anforderungen eines einzelnen Kunden zugeschnitten ist, sondern auch anderen Unternehmen die Möglichkeit bietet, davon zu profitieren. Die modulare und skalierbare Struktur der Software ermöglicht es, die Lösung an die individuellen Bedürfnisse verschiedener Kunden anzupassen, unabhängig von deren Branche oder Größe. Ob es sich um die Automatisierung von Schnittstellen, die Nutzung von Künstliche Intelligenz (KI)-Modellen zur Planungsoptimierung oder die Echtzeitüberwachung der Produktion handelt, die Lösung ist so konzipiert, dass sie nahtlos in bestehende Systeme integriert werden kann.
Weiterentwicklung der digitalen Produktionsplanung
Ein zentraler Fokus liegt auf der weiteren Automatisierung und Selbstoptimierung der Planungsprozesse. Durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) und Maschinellem Lernen (ML) sollen Algorithmen in Zukunft nicht nur Vorschläge zur Plattenbelegung generieren, sondern auch selbstständig Anpassungen an veränderte Produktionsbedingungen vornehmen (Bild 2). So könnten beispielsweise unvorhergesehene Materialverzögerungen oder Maschinenstillstände automatisch erkannt und in Echtzeit alternative Produktionspläne erstellt werden.
Darüber hinaus eröffnet die Kombination mit digitalen Zwillingen neue Möglichkeiten. Durch die Simulation verschiedener Szenarien kann die bestmögliche Produktionsstrategie im Voraus berechnet und getestet werden. Dies würde nicht nur die Planungsgenauigkeit erhöhen, sondern auch Risiken und Produktionsausfälle minimieren. Schließlich wird auch die Integration von Internet of Things (IoT)-Technologien weiter vorangetrieben. Sensoren in Maschinen und Produktionsanlagen könnten zukünftig kontinuierlich Echtzeitdaten liefern, um die Plattenbelegung noch präziser an die tatsächlichen Produktionsbedingungen anzupassen.
Eine Lösung für die Zukunft
Diese Entwicklungen zeigen, dass die digitale Transformation der Gießerei-Industrie weit über die aktuellen Ansätze hinausgeht und zudem für alle machbar und gewinnbringend ist. Durch den gezielten Einsatz neuer Technologien wird es möglich, Produktionsprozesse nicht nur effizienter, sondern auch robuster und anpassungsfähiger zu gestalten. So ist die Digitalisierung der Plattenbelegung mehr als nur ein technologischer Fortschritt, sie ist ein strategischer Hebel, um in einer immer komplexeren und dynamischeren Produktionsumgebung wettbewerbsfähig zu bleiben.
Durch die schrittweise Umsetzung, die intuitive Visualisierung und die moderne, skalierbare Architektur schaffen wir eine Lösung, die Unternehmen dabei unterstützt, ihre Produktionsprozesse zu optimieren und zukunftssicher aufzustellen. Es wurde gezeigt, wie dieser Ansatz in der Praxis umgesetzt wird und welche Vorteile er für die Produktionsplanung und insbesondere für die Plattenbelegung bietet. Die Bartz-Werke GmbH steht dabei exemplarisch für die erfolgreiche Verbindung von Tradition und Innovation in der modernen Produktionswelt.
Niklas Eickworth ist Geschäftsführender Gesellschafter der Data Vantage GmbH, Christian Erazo Recalde fungiert als Chief Technology & Information Officer (CTIO) im Unternehmen.
Die Data Vantage GmbH entwickelt maßgeschneiderte Softwarelösungen, umfassende Digitalisierungsprojekte und individuelle Beratungsleistungen für die Gießerei-Industrie. Mit tiefgreifendem Branchenwissen und technologischem Know-how unterstützt das Unternehmen bei der Optimierung von Prozessen und der fortschreitenden digitalen Transformation. Mitte 2024 hat Data Vantage die Entwicklung sowie den Markennamen des Startups Casculate übernommen, das sich auf Instant Pricing-Software für Gießereien spezialisiert hat.
Beitragsbild: Bartz-Werke