Das international tätige Gießereiunternehmen Procast Guss GmbH hat einen Restrukturierungsprozess gestartet. Damit passt das Unternehmen seine Strukturen den aktuellen Anforderungen des Marktes und seiner Kunden an. Für die Neuaufstellung nutzt Procast die rechtlichen Möglichkeiten eines Eigenverwaltungsverfahrens.
„Aus Sicht unserer Kunden ist Deutschland mit seinen hohen Energiekosten für Gießereien zunehmend ein Risikostandort“, betont Geschäftsführer Patrick G. Weber. „Wir wollen unsere Marktposition als führende europäische Kundengießerei weiter ausbauen. Dazu müssen wir unsere Kapazitäten in Deutschland an die Anforderungen und die Abrufzahlen unserer Kunden anpassen. Das jetzt eingeleitete Eigenverwaltungsverfahren bietet uns dafür die nötigen Möglichkeiten und Instrumente.“
Die Geschäftsführung der Procast Guss GmbH hat daher diese Woche beim Amtsgericht Bielefeld einen entsprechenden Antrag gestellt. Das Gericht hat dem Antrag zugestimmt und ein vorläufiges Eigenverwaltungsverfahren angeordnet. Der Geschäftsbetrieb wird vollumfänglich an beiden Produktionsstandorten der Gesellschaft in Gütersloh und Nortorf fortgeführt, d.h. Aufträge werden ganz normal gefertigt und ausgeliefert. Die Löhne und Gehälter der rund 225 betroffenen Beschäftigten sind gesichert. Auch Rechnungen werden im Einklang mit den geltenden Vorschriften der Eigenverwaltung weiter bezahlt.
Das Eigenverwaltungsverfahren bietet Unternehmen einen rechtlichen Rahmen, um notwendige Restrukturierungsmaßnahmen bei laufendem Geschäftsbetrieb schnell und wirksam umzusetzen. Die Geschäftsführung bleibt dabei im Amt und steuert die Restrukturierung selbst. Dabei kann sie auf eine Reihe von Instrumenten zurückgreifen, die außerhalb eines solchen Verfahrens nicht zur Verfügung stehen. So können z.B. Verträge leichter gekündigt und notwendige Restrukturierungsmaßnahmen besonders schnell und effektiv umgesetzt werden. Das Verfahren steht nur Unternehmen offen, die ihre wirtschaftlichen Schwierigkeiten frühzeitig angehen, und bei denen genügend Handlungsspielraum für eine Lösung besteht. Beides ist bei der Procast Guss GmbH der Fall.
Für die Dauer der Restrukturierung hat das Unternehmen den erfahrenen Restrukturierungsexperten Patrick G. Weber als Geschäftsführer (CRO) eingesetzt. Er wird die Umsetzung der Neuaufstellung zusammen mit dem Generalbevollmächtigten, dem Hamburger Rechtsanwalt Andreas Romey aus der Kanzlei ECKERT RECHTSANWÄLTE, steuern. Der bisherige Geschäftsführer Graziano Sammati konzentriert sich auf seine Rolle in dem Schwesterunternehmen in Spanien und dort vor allem auf den weiteren Hochlauf der Produktion. Als vorläufigen Sachwalter, der die Restrukturierung im Interesse der Gläubiger überwacht, hat das Gericht Dr. Marcel Streeck von der Kanzlei Münzel & Böhm eingesetzt.
Das Eigenverwaltungsverfahren betrifft ausschließlich die Procast Guss GmbH, zu der die beiden Werke in Gütersloh (rund 145 MA) und Nortorf (rund 80 MA) gehören. Bereits vor längerer Zeit hatte das Unternehmen die Stilllegung seines Standorts in Bad Saulgau beschlossen. Diese befindet sich in Umsetzung und wird zum Jahresende abgeschlossen sein.
Anders als viele Wettbewerber ist die Procast Gruppe mit ihren vier Produktionsstandorten in Gütersloh, Nortorf, Kiel und im nordspanischen Abadiño insgesamt breit und solide aufgestellt. Allerdings leidet die Unternehmensgruppe, wie die gesamte deutsche Gießereibranche, unter den hohen Energiekosten und der schwachen Konjunktur in Deutschland. Vor allem der Standort Gütersloh ist durch seine hohe Kostenstruktur besonders belastet. Die ebenfalls zur Procast-Gruppe gehörenden Gesellschaften Procast Handform GmbH in Kiel sowie die Procast Guss Espana S.L im nordspanischen Abadiño sind nicht von der Restrukturierung betroffen.
Der Gesellschafter der Procast Gruppe, Private Assets, unterstützt die Restrukturierung. „Wir glauben weiter an das Gießereigeschäft, und wir glauben vor allem auch weiterhin an unsere europäische Gießereigruppe“, sagte Sven Dübbers, CEO der Private Assets AG. „Nachdem wir durch den Zukauf des Standorts Spanien und Investitionen in die Standorte das Unternehmen breiter aufgestellt und modernisiert haben, gehen wir jetzt mit Entschlossenheit die Kostenstruktur in Deutschland an. Damit stellen wir das Unternehmen langfristig wettbewerbsfähig auf und sichern vor allem auch Produktion in Deutschland.“