Forschung
06.01.2025

Keine EU-Länder unter patentstärksten Universitäten

Hochschulpatente regen Investitionen in Forschung und Entwicklung an - und fördern so Innovation. Eine neue Studie des IfW Kiel zeigt nun aber, dass europäische Universitäten im weltweiten Vergleich den Anschluss verlieren. 

Die Patentaktivitäten der europäischen Hochschulen sind geografisch stark konzentriert, wobei die meisten Patente aus nur fünf westeuropäischen Ländern stammen. Auffallend ist, dass mehr als 70 Prozent der europäischen Universitäten überhaupt keine direkte Patentaktivität melden. Trotz dieser starken Konzentration befindet sich keine Hochschule aus einem EU-Mitgliedstaat unter den 50 weltweit führenden Patenthochschulen, die von den USA und China dominiert werden. Dies geht aus einer RETHINK-GSC-Studie hervor, einem europäischen Forschungsprojekt unter der Leitung des IfW Kiel.

"Die starke Polarisierung der Hochschulpatente in Europa gibt Anlass zu großer Sorge", sagt Aleksandra Parteka, Forschungspartnerin des Projekts an der Technischen Universität Danzig. Patente seien wichtige Instrumente für den Technologietransfer und dienten als Schlüsselindikatoren für das Wissen, das von den Universitäten auf den Markt gelange. Um den wirtschaftlichen, sozialen und politischen Zusammenhalt in Europa zu fördern, muss sichergestellt werden, dass kein Land und keine Region in der Innovationslandschaft zurückbleiben", so Parteka. Zwischen 1980 und 2019, erklärt die Forscherin weiter, entfielen jedoch 72 Prozent aller universitäten Patente auf Universitäten aus nur fünf Ländern - dem Vereinigten Königreich, Deutschland, Frankreich, Belgien und der Schweiz. 

USA und China dominieren bei weltweiten Patentanmeldungen

Trotz eines stetigen Anstiegs der Patentanmeldungen von europäischen Universitäten im Laufe der Zeit konnten sich nur die Universität Oxford und das Imperial College London unter den Top 50 der Welt platzieren. Nach dem Brexit ist keine Universität aus einem EU-Mitgliedstaat mehr in der Rangliste vertreten. Unter den europäischen Einrichtungen sind drei britische und zwei Schweizer Universitäten führend, was die anhaltenden Herausforderungen für die Europäische Union bei der Umsetzung akademischer Forschung in erfolgreiche kommerzielle Anwendungen verdeutlicht.

Bei den weltweiten Patentaktivitäten dominieren nach wie vor die Hochschulen in den USA und in China. Von den 50 Universitäten, die zwischen 2020 und 2022 weltweit an der Spitze standen, befinden sich 19 in den USA und 18 in China.

Die Analyse basiert auf Patentdaten von 866 Universitäten aus 31 europäischen Ländern, die seit 1980 in der Datenbank PATSTAT Global erfasst sind, und vergleicht diese mit mehr als 2.100 europäischen Universitäten, die nicht aktiv an direkten Patentaktivitäten beteiligt sind. Durch die Analyse von Daten zu akademischen Patentanmeldungen, um Trends im Zeitverlauf zu verfolgen, und durch die Einbeziehung institutioneller Merkmale wie der Zahl der Studierenden und des akademischen Personals, geografischer Informationen und Finanzdaten bietet die Studie eine umfassende Bewertung der Rolle, die europäische Universitäten bei der Schaffung von Wissen und Innovation spielen sowie der Faktoren, die diese Prozesse beeinflussen.

IfW Kiel: "EU muss schnell und umfassend handeln"

Die Studie hebt auch eine entscheidende politische Herausforderung hervor: die Notwendigkeit, die regionalen Unterschiede in der Innovationskapazität in der EU zu verringern und gleichzeitig die führenden Forschungsuniversitäten des Kontinents in die Lage zu versetzen, mit den innovativsten Einrichtungen der Welt zu konkurrieren.

"Das Fehlen von EU-Universitäten in der Spitzengruppe ist äußerst besorgniserregend und verheißt nichts Gutes für die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit Europas", sagt Holger Görg, Projektleiter von RETHINK-GSC und Leiter der Forschungsgruppe Internationaler Handel und Investitionen am IfW Kiel. Angesichts drohender Handelskriege sowohl mit den USA als auch mit China müsse die EU schnell und umfassend handeln: "Forschungskooperationen mit Großbritannien nach dem Brexit fördern und eine schnellere Kommerzialisierung der universitären Forschung in Europa durch weniger Bürokratie und mehr Mittel unterstützen", so Görg. 

Über RETHINK-GSC 

Das Projekt „Rethinking Global Supply Chains: Measurement, Impact and Policy“ (RETHINK-GSC) erfasst die Auswirkungen von Wissensflüssen und Dienstleistungsinputs in globalen Supply Chains (GSC). Forscher aus 11 Instituten bringen ihr breites Fachwissen in einem multidisziplinären Ansatz ein, entwickeln neue Methoden und nutzen innovative Techniken, um die zunehmende Bedeutung immaterieller Güter in globalen Lieferketten zu analysieren, zu messen und zu quantifizieren und neue Einblicke in aktuelle und erwartete Veränderungen in globalen Produktionsprozessen zu gewinnen.

Beitragsbild: ThisIsEngineering/Unsplash