Der Weg ist frei für Neuwahlen – doch worauf kommt es nun für die Gießerei-Industrie an? Der BDG als Sprachrohr der Branche hat acht konkrete Forderungen an die neue Bundesregierung formuliert.
Mit der Vertrauensfrage wollte Olaf Scholz den Weg zur Neuwahl bereiten. Mit Erfolg, wie sich am Montagnachmittag (16. Dezember) herausstellte: Bei der Abstimmung im Bundestag votierten 207 Abgeordnete für den Kanzler, 394 gegen ihn und 116 enthielten sich, wie Bundestagspräsidentin Bärbel Bas bekanntgab. Damit verfehlte Scholz die notwendige Mehrheit von 367 Stimmen deutlich.
Dass am 23. Februar ein neuer Bundestag gewählt wird, gilt damit als sicher. Zwar steht nun noch die offizielle Entscheidung des Bundespräsidenten aus. Dieser hatte aber bereits erkennen lassen, dass er das vorgeschlagene Datum für realistisch hält.
"Es muss um Wirtschaftspolitik und Standort gehen"
Für viele mittelständische Industrieunternehmen, die in Deutschland derzeit vor existenziellen Herausforderungen stehen, stellt sich die Frage: Wie geht es nun weiter? Aus Sicht der Gießerei-Industrie sind die Prioritäten der kommenden Bundesregierung eindeutig. "Es muss ganz wesentlich um Wirtschaftspolitik und Standortfragen gehen", betont Martin Vogt, Leiter Presse- und Öffentlichkeitsarbeit im Bundesverband der Deutschen Gießerei-Industrie (BDG). Die Branche sei wettbewerbsfähig, der Standort aber nicht. „Um aus der Wirtschaftskrise zu kommen, wird die künftige Bundesregierung die Bedingungen der Industrieproduktion verbessern müssen“, so Vogt.
Vor diesem Hintergrund hat der BDG acht Forderungen für die Bundestagswahl 2025 formuliert.
1. Die Energiekosten müssen sinken
Die hohen Stromkosten im internationalen Vergleich belasten die Branche massiv. Der BDG fordert daher mittelstandstaugliche Instrumente wie einfachere Zugänge zu Strompreisreduktionen, eine Senkung der Netzentgelte und eine Reform des CO2-Preissystems.
2. Die Transformation zur Klimaneutralität muss ermöglicht werden
Die Gießerei-Industrie will klimaneutral werden, benötigt dafür jedoch speziell für industrielle Mittelstandsunternehmen zugeschnittene Förderprogramme für umweltfreundliche und digitale Technologien, Unterstützung in Forschung und Entwicklung sowie beschleunigte Infrastrukturprojekte.
3. Der industrielle Mittelstand muss standortgerecht definiert werden Zahlreiche rechtliche Rahmenbedingungen wie Förderprogramme, Kredite oder bürokratische Vorgaben werden durch die Definition des Mittelstandsbegriffs bedingt. Um den wirtschaftlichen Realitäten gerecht zu werden, schlägt der BDG eine Anhebung der Schwellenwerte für Beschäftigte (von 250 auf 500) und Umsatz (von 50 auf 125 Millionen Euro) vor.
4. Der Fachkräftemangel muss effektiv bekämpft werden
Eine Ausbildungsoffensive, die Anwerbung internationaler Fachkräfte und engere Zusammenarbeit mit Bildungseinrichtungen sind für den BDG entscheidend, um qualifizierten Nachwuchs zu sichern.
5. Bürokratie muss abgebaut werden
Verwaltungsprozesse sollen laut BDG digitalisiert und vereinfacht werden, um Unternehmen von unnötigem Aufwand zu entlasten. Dazu zähle auch eine regelmäßige Überprüfung bestehender Gesetze und Vorschriften auf ihre Praktikabilität und Relevanz für den industriellen Mittelstand.
6. Das Umweltrecht muss fit für die Zukunft gemacht werden
Die Regelungsdichte der deutschen Umweltgesetzgebung entfaltet dem BDG zufolge zunehmend eine hemmende statt einer innovationsfördernden Wirkung für die deutsche Gießerei-Industrie. Um Innovationen nachhaltig zu fördern, müssten Genehmigungsverfahren beschleunigt und die Nutzung von Recyclingmaterialien erleichtert werden.
7. Deutschland muss Taktgeber einer europäischen Industriepolitik sein
Investitionsanreize, öffentliche Beschaffungsprogramme mit "Buy European"-Klauseln und der Schutz vor unfairen Handelspraktiken sollen Deutschland und Europa wettbewerbsfähig machen.
8. Die Rohstoffversorgung muss sichergestellt werden
Neben metallischen Rohstoffen wie Roheisen, Bauxit und Kupfer spielen vor allem auch Schrotte eine zentrale Rolle in der Versorgungssicherheit der deutschen Gießerei-Industrie. Um die Produktion zu sichern, sind für den BDG strategische Partnerschaften, eine stärkere Kreislaufwirtschaft und der Zugang zu hochwertigem Material notwendig.
Die vollumfängliche Version des BDG-Forderungskatalogs kann online als PDF-Datei heruntergeladen werden: BDG-Forderungen | GUSS
Hintergrund
In keinem anderen europäischen Land werden mehr Gusserzeugnisse produziert als in Deutschland. Deutsche Gussprodukte und die technologische Kompetenz der deutschen Gießereien sowie der beteiligten Zulieferunternehmen sind weltweit anerkannt. Mit einem Anteil von etwa einem Prozent an der Produktion des Produzierenden Gewerbes zählen die Gießereien zu den kleineren deutschen Industriezweigen. Die wirtschaftliche Bedeutung der Branche ist aufgrund ihrer Zulieferfunktion jedoch weitaus größer. So gibt es innerhalb des Investitionsgüter-produzierenden Gewerbes kaum eine Branche, die nicht gegossene Komponenten verwendet.
Der BDG in Düsseldorf ist der Branchenverband der deutschen Gießerei-Industrie und vertritt diese gegenüber Politik und Verwaltung in Brüssel, Berlin und den Bundesländern. Der Verband unterstützt die Mitglieder mit seinen Fachreferaten Betriebswirtschaft, Rohstoffe, Verkehr/Logistik, Volkswirtschaft/Marktanalysen, Umwelt-/Energiepolitik, Recht und Nachwuchsentwicklung und bearbeitet im Bereich Wirtschaft und Wirtschaftspolitik Konjunktur- und Marktfragen. Alle Informationen unter www.guss.de.
Beitragsbild: BDG